Bevor ich erkläre, was ich damit meine, berichte ich erstmal über unsere letzten Tage in Kirgisistan:
Von einigen Einheimischen wurde uns vorhergesagt, dass Ende September das Wetter in Kirgisistan zunehmend schlechter werde. Und so war es auch! Es wurde kälter und regnerischer. Und auch der erste Schneesturm setzte in den Bergen ein. Binnen zwei Tage waren die Gipfel weiss. Es ist krass, wie zeitlich passend das passiert ist, wir hätten niemals gedacht, dass es pünktlich zum Oktoberbeginn schneien würde.
Dienstags regnete es, weshalb wir uns an den Laptop begaben und unsere weitere Reise planten und Flüge/Züge buchten. Sehr mühsam, aber wir reisen demnächst in ein Land, was leider viel Planungszeit beansprucht (ich verrate noch nicht in welches :-D).
Jeti – Ögüz
Am nächsten Tag sind wir mit Vivien und Markus mit dem Minibus nach Jeti-Ögüz gefahren. Das sind markante Felsen, die auch als „seven bulls“ bezeichnet werden. Die Sonne strahlte zu dem Zeitpunkt noch schön und die Felsen wirkten einfach super.
Danach sind wir 7km durch ein Valley gelaufen. Diesmal war es leicht den Weg zu erkennen, da wir eine Strasse entlang gelaufen sind. Diese führte uns zu den Yurtcamps! Ja, du liest richtig, wir haben endlich Yurtcamps gesehen. Seitdem klar ist, dass wir in Kirgisistan auf Grund der Kälte nicht in einem Yurtcamp übernachten können, wollten wir wenigstens eines sehen. Und in Jeti-Ögüz gab es sogar noch einige. Sie sind nicht mehr bewohnt und werden in den nächsten Tagen abgebaut.
Danach sind wir noch etwas weiter gelaufen. Die anderen sind noch zu einem Wasserfall, ich hingegen blieb sitzen und habe den Ausblick genossen. Leider wurde das Wetter zunehmend schlechter und es zog zu. Was eigentlich nicht schlimm gewesen wäre, da es immer noch schön aussah. Aber es wurde damit auch kalt und ich fror zum Schluss leider ziemlich…
Der Rückweg verlief schneller als der Hinweg und plötzlich standen wir wieder am Ausgangspunkt der Wanderung. Hier stand auch ein Wanderer aus Frankreich, der vergeblich versuchte die Taxipreise herunterzuhandeln. Wir stiegen in die Verhandlungen mit ein und fuhren dann zusammen nach Jeti- Ögüz zurück. Dort wollten wir eigentlich einen Minibus nach Karakol zurücknehmen. Leider kam keiner und wir fuhren mit einem „shared Taxi“ zurück.
Neben mir sass eine kirgisische Frau, mit der ich mich mit Hilfe von Gestiken und Bilder unterhielt. Die Unterhaltung war interessant. Sie fragte mich nach meinem Alter (32 Jahre) und sagte mit ihres (36 Jahre). Die Frage, ob ich Kinder habe, verneinte ich. Sie schaute mich traurig an. Sie bejahte hingegen und zeigte mir ihre 5 Kinder auf Fotos. Danach fragte sie mich, ob ich Kühe, Pferde oder Schafe in Deutschland habe. Ich verneinte und sie fragte mich hoffnungsvoll, ob ich denn wenigstens Hühner hätte. Als ich auch das verneinte, war sie ganz traurig und streichelte meinen Arm. Sie hatte Mitleid mit mir!
Das war der Moment, in dem mir bewusst wurde, das „Reichtum“ reine Ansichtssache ist: In meinen Augen war die kirgisische Frau arm, in ihren Augen war ich eine arme deutsche Frau. Spannend oder?
Spa Day
Am nächsten Tag verabschiedeten wir uns von Vivien und Markus. Es regnete und war kalt, weshalb Felix und ich zu den „Heissen Quellen“ nach Aksuu gefahren sind. Die heissen Quellen befinden sich im Freien, weshalb es erstmal eine Überwindung war ins Wasser zu gehen. Sobald man jedoch drin war, war es super schön. Herrlich!
Im Becken wurden wir von einem kirgisischen Mann angesprochen, der mit Frau, Kindern und Enkel auch die Quellen besuchte. Der Mann sprach kein Englisch und niemand konnte uns übersetzen. Zu Beginn war es lustig, irgendwann aber auch aufdringlich. Er wollte mehrere Bilder mit uns machen, was wir auch zugelassen haben. Ich habe auch eines mit ihm, habe mich aber dagegen entschieden es hier hochzustellen. Der Grund ist, dass ich in der Umkleidekabine gesehen habe, dass der Rücken von seinem Enkel von vielen Hämatomen übersäht ist. So jemanden möchte ich hier nicht poträtieren.
Nach einer Stunde mussten wir die Quellen verlassen und wir fuhren mit dem Minibus zurück. Das war sehr kalt, da unsere Haare nass waren. Ich musste zwar bei den Quellen eine Haube aufziehen (weil „Frau“, Felix hat genauso lange Haare wie ich und musste nicht), aber meine Haare waren dennoch nass geworden. Im Hostel wollten wir schnell duschen, aber leider war Stromausfall für mehrere Stunden.
Traveller Themen
In dieser Zeit lernte ich Gavin und Jörg kennen. Am Abend dann sassen Gavin, Felix und ich zusammen und wir lernten noch Olga und Davin kennen. Gavin und Davin kamen beide aus Australien und erzählten uns typische Ozzy Geschichten. Olga kam aus Russland und war anfangs zurückhaltend. Es wurde noch ein interessantes Gespräch mit ihr zum Schluss, da sie auch sehr reisebegeistert war und vielen Länder bereist hatte. Aber dennoch kam immer wieder das russische Weltbild aus ihr hervor… Schade! Was auch schade war, dass Felix und ich am nächsten Tag die Truppe verliessen, denn wir hatten eine Unterkunft am Issyk Köl gebucht. Wäre das nicht gewesen, hätten wir uns ihrem Ausflug angeschlossen.
Hier erfuhren wir bereits, dass die Situation sich in Bischkek zuspitzt und es schwer ist eine Unterkunft zu finden. Wir begannen bereits am Abend nach einer zu suchen. Alternativ würden wir eben länger in Tscholpan Ata bleiben oder mit dem Bus über Kotschkor nach Osh fahren.
Tscholpan Ata und Bischkek
Am nächsten Tag fuhren wir aber erstmal mit dem Minibus nach Tscholpan Ata. Eine sehr unbequeme Fahrt, da wir kaum Platz für unsere Beine hatten. Nach 4,5 Stunden kamen wir am See an. Es war ziemlich kalt und bewölkt, leider regnete es auch immer wieder mal. Die Unterkunft war aber super schön, da es ein neues Holzhaus war. Auch der Issyk Köl See hat mir sehr gut gefallen. Das Wasser war so schön blau! Wenn es nicht so kalt gewesen wäre, wäre ich gerne baden gegangen.
Sowohl in Karaol als auch in Tscholpan Ata wurden wir mit einem Problem konfrontiert,was aktuell jeder Reisende in Zentralasien kennt: russische Bürger strömen in Massen nach Zentralasien um vor dem Krieg zu flüchten. Ich kann das 100% nachvollziehen und würde es genauso machen! Für uns bedeutete es aber, dass die Unterkünfte ausgebucht waren. Und ich meine damit wirklich ausgebucht. In Bischkek haben wir keine Unterkunft gefunden. Unsere einzige Chance war eine Couchsurferin und siehe da, sie sagte in letzter Minute zu! Vielen Dank liebe Madi! Dank ihr konnten wir am nächsten Tag mit dem Minibus nach Bischkek fahren.
Madi lebt in einem Künstler Appartment im Süden der Stadt. Das war ein moderner, hübscher Stadtteil von Bischkek. An einem Tag schauten wir uns die Stadt an. Sie ist ganz nett, typisch im alten Sowjet Stil. Besonders schön fanden wir es aber nicht. Witzig war, dass wir Adam wiedergetroffen haben. Ihn hatten wir bereits in Karakol kennengelernt. Klein ist die Welt!
Am zweiten Tag gingen wir in den Park und haben Eichhörnchen beobachtet. Es waren wirklich viele. Eins davon liess sich sogar von einem Kind füttern.
Die Eichhörnchen haben uns besser gefallen als die Stadt 🙂
Am schönsten war, dass Madi einen Hund hatte, die „Manti“, die wir gerne gestreichelt haben. Madi hat nicht nur uns, sondern auch 3 andere Couchsurfer aufgenommen. Die Gespräche mit ihnen fand ich ebenfalls ziemlich cool.
Bischkek war auch schon unsere letzte Haltestelle in Kirgisistan. Als Nächstes ging es nämlich mit dem Nachtbus nach Taschkent. Aber bevor ich den Blogeintrag beende, bin ich dir noch eine Antwort auf den Namen des Blogeintrags schuldig. Hier ist die Erklärung:
Wenn man so viele Länder bereist wie wir, ist es ganz normal, dass einem gewisse Länder besser gefallen als andere. Manchmal kann man das an gewissen Begegungen oder Sehenswürdigkeiten festmachen, manchmal ist es einfach ein Gefühl was entsteht. Wir haben in Kirgisistan tolle Sachen gemacht und nette Leute kennengelernt, aber dennoch hat es mir nicht so gut gefallen. Irgendwie ist der „Funke einfach nicht rübergesprungen“.
Was bestimmt auch damit zu tun hat, dass ich merke, dass ich aktuell ein bisschen Pause brauche. Wer schonmal eine Langzeitreise unternommen hat, kennt das bestimmt: Reisen ist wunderschön, aber auch anstrengend. In den letzten drei Monaten haben wir sehr viel erlebt, haben viele neue Menschen kennengelernt, sind oftmals von einem Ort zum nächsten gegangen ohne Pause zu haben, haben uns immer wieder verschiedenen Situationen/Länder angepasst und uns wenig Entspannung gegönnt. Der Hauptgrund war, weil wir vor Wintereinbruch mit Zentralasien „durch“ sein wollten (was übrigens nicht funktioniert hat). Das merke ich mental und physisch. Unser nächstes Reiseland wird Uzbekistan sein und wir versuchen hier etwas langsamer zu sein um wieder mehr geniesen zu können.
verfasst am 8.Oktober 2022 in Samarkand