Die imaginäre Grenze

Von Leon ging unsere Reise weiter nach Granada. Um dorthin zu kommen, mussten wir erst einen Bus nach Managua nehmen und dort umsteigen in einen Bus nach Granada. Abgesehen von dem Geschrei der Busfahrer am Bahnhof („MANAGUA,MANAGUA,MANAGUAAAA“) in Leon war der erste Bus auch entspannt. Dafür war der zweite in Managua umso problematischer.

Es war so, als hätten wir eine imaginäre Grenze überschritten: während die Einheimischen nördlich von Managua sehr zuvorkommend, nett und freundlich waren, wurden die Einheimischen ab Managua grob mit einem aggressiven Tonfall. Unsere Rucksäcke wurden in den Gepäckraum gequetscht und die Klappe ging gerade so zu… Als wir losfuhren ging jedoch die Klappe auf! Felix schrie sofort und wies den Busfahrer zurecht. Er schloss die Klappe wieder. Wir wollten aber unsere Rucksäcke zu uns nehmen, denn die Klappe hätte jederzeit wieder aufgehen können und stell dir mal vor, Kermit wäre auf die Autobahn gefallen!!!

Der Busfahrer weigerte sich aber und ich blieb dann stehend, meinem Kopf nah am Fenster um Kermit zu sehen, während der Fahrt. Sehr unangenehm!

Beim Bezahlen wollte der Busfahrer dann noch den doppelten Betrag von uns haben wegen der Rucksäcke. Die Briten neben uns fing eine grosse Diskussion an und nach einiger Zeit gab der Busfahrer aggressiv nach. Oh man!

Granada

Auf unserer Mittelamerika Reise haben wir ja schon einige Städte gesehen und deren schönen Gassen mit bunten Häusern bewundert, weshalb sie irgendwann den Reiz etwas verloren haben. Aber Granada hat herausgestochen! Ich würde sagen, es ist die schönste Stadt Mittelamerikas, die wir besichtigt haben. Die Stadt hat ein tolles Flair, schöne Häuser, eine hübschen Marktplatz und eine sehr gepflegte Uferpromenade. Und wer es wuselig mag, kann einfach auf den Markt gehen. Durch die engen Gassen sind wir auch einmal mit dem Bus gefahren. Er war so veraltet und kaputt und es waren teilweise nur Millimeter zwischen dem Bus und Ständen/Menschen. Krass!

Hiking leider ohne Hitch

Von Granada aus besuchten wir zwei Vulkane: Mombacho und Masaya. Den Mombacho machten wir auf eigene Faust. Wir fuhren zuerst mit dem Bus Richtung Rivas und stiegen an der Kreuzung zum Mombacho Reserve aus. Bis zum Mombacho Trail waren es von dort 900 Höhenmeter, die wir nicht laufen sondern hitchhiken wollten. Also liefen wir los und warteten darauf, dass Autos kommen und wir den Daumen rausstrecken können… Tja, kam nur leider kein Auto…

Der Ticketkasse hatte noch geschlossen und wir fragten einen Security, ob wir auch oben am Trail bezahlen können. Er verneinte und liess uns unten bezahlen. Da er uns kein Ticket gab, fotografierte ich die Geldübergabe (zum Glück!)

Von dort versuchten wir erneut zu hitchhiken. Die ersten 30 Minuten liefen wir, dann kam endlich ein Auto, welches uns auf der Rücklade mitnahm. Aber leider nur bis zum „Cafe de las flores“, danach war der Weg nur für 4×4 Fahrzeuge gedacht. Also stiegen aus und begannen wieder zu laufen. Es kam kein Auto, weshalb wir den restlichen Weg (400 Höhenmeter) hochliefen. Oben angekommen, kam direkt ein Sicherheitsmann zu uns und wollte unser Ticket sehen. Das hatten wir nicht. Ich hatte aber zum Glück das obige Foto geschossen und konnte es ihm vorzeigen. Wir liefen den „El Crater Trail“, der circa 1,5h dauert. Ein wunderschöner Weg durch den Nebenwald mit tollen Ausblicken:

Nachdem wir fertig mit dem Trail waren, versuchten wir nochmal zu hitchhiken. Leider erfolglos! Wir mussten die ganzen 900 Höhenmeter nach unten laufen, weil einfach kein Auto kam. So ein Pech hatten wir noch nie beim Hithchhiken. Aber man kann ja auch nicht immer Glück haben 😉 Der Weg war leider nicht so gut für die Knie, da er asphaltiert und sehr steil war. Wir sind zwischendurch immer mal rückwärts gelaufen um die Knie zu entlasten.

Für eine schöne Abwechslung sorgten aber die Brüllaffen, die wir auf dem Weg sahen. Die Hitze war zudem brutal, weshalb ich sehr müde in Granada ankam.

Es wird feuerig

Die Anreise zu unserem zweiten Vulkan war hingegen unspektakulär, weil wir uns für eine Tour entschieden hatten. Wir fühlten uns wie auf einer Klassenfahrt, denn der Bus war voller Schoolies! Wir haben zuerst den Nindiri Vulkan bei Tageslicht betrachtet und sind dann auf einen Aussichtspunkt auf dem Masaya gelaufen. Von dort hatten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang.

Felix und ich liefen die meiste Zeit hinten, da mussten wir uns nämlich am wenigsten das doofe Schoolie Gelaber anhören. Das Tourhighlight war kam dann noch zum Abschluss, als es dunkel war. Wir sahen die Lava aus dem Vulkan Nindiri herauskommen.

Kameras können solche Momente nicht einfangen, aber dafür unser Herz. Und mein Herz schlug echt etwas höher als ich dieses Naturphänomen gesehen habe. Toll!

Was nicht so toll war, war das Gedrängel, weil jeder die Lava von der Plattform sehen wollte. Da regten mich natürlich die Schoolies wieder auf, die dann in erster Reihe am Handy standen, weil sie auf insta schon posten mussten. Kaum hatten wir die Lava gesehen, ging es auch schon wieder zurück.
Ich fand beide Vulkanausflüge toll und kann sie echt sehr empfehlen.

Die Küste

Am nächsten Tag ging es für uns weiter nach San Juan del Sur und die Reise war unglaublich anstrengend. Es fing schon in Granada an, da der Busfahrer das dreifache für das Ticket von uns verlangte wie von den Einheimischen. Wir sollten nämlich für unsere Rucksäcke bezahlen, was wir nicht einsahen, da wir sie auch auf den Schoss nehmen können (das durften wir aber nicht).

Also stiegen wir aus und mussten 30 Minuten warten bis ein anderer Chickenbus kam. Hier wurde uns ein fairer Preis angeboten, aber es passierte etwas anderes. Neben mir stand eine Verkäuferin, die ihre doofen Nüsse verkaufen wollte und zunehmend aggressiver wurde, weil keiner sie kaufte. Nunja, sie wurde dann so aggressiv, dass sie mich (ruhig und brav Podcasthörend) auf die Stirn schlug und meine Brille verrückte. Sie tat so als sei es ein Unfall, das wars aber nicht. Unglaublich!

Damit noch nicht genug. Als wir im nächsten Dorf in einen anderen Chickenbus gewechselt sind, hatten wir keinen Sitzplatz, sondern standen eingepfercht auf dem Flur. Hier verlangte der Busangestellte wieder einen utopischen Preis für uns (anstelle von 60 NIO wollte er 180NIO, die Schwedin neben mir hat 300 NIO bezahlt) und Felix ging in die Diskussion. Ich fragte dann die Einheimischen, wie viel sie bezahlen. KEINER antwortete mir und das lag nicht an meinem Spanisch, sondern daran, dass sie nicht antworten wollten. Herzlich Willkommen in der Diktatur!

Felix blieb jedoch beharrlich und gab ihm nicht mehr Geld und ich motzte ihn an, dass er nur so viel Geld verlange, weil wir Touristen UND weiss sind. Er betitelte uns als respektlos und zog weiter. Mich macht sowas sehr wütend, weil es Rassismus ist.

In Rivas stiegen wir dann nochmal in einen weiteren Chickenbus nach San Juan del Sur um. Als wir endlich dort waren, sind wir sofort an den Strand gelaufen. Der Ort gilt als der Hauptort an der Küste Nicaraguas. Wir wissen nicht wieso. Der Strand war hässlich und dreckig. Die Restaurantpreise überteuert.

Strand San Juan del Sur

Es reicht

Am nächsten Tag machte Felix eine Wanderung zum Leuchtturm, welcher nicht weit entfernt von San Juan del Sur war. Er lief alleine hoch und als er am Leuchtturm war, las er die Google Bewertungen und dort stand, dass man den Weg nicht alleine laufen solle, weil dort regelmässig ein Typ mit einer Machete Touristen überfällt. Felix sprach deshalb eine Gruppe von Schoolies an, ob sie auf dem Weg jemanden gesehen hätten. Sie meinten „ja, da war ein komischer Mann mit Hund und zwei Macheten“. Felix überlegte nicht lange und schloss sich der Gruppe an und kam zum Glück sicher wieder im Hotel an. Wie krass oder! Nicaragua schläft bei so etwas total, in El Salvador wären da auf jeden Fall Wachmänner!

Mein Tag war auch nicht besser. Ich war am Strand und wurde von einer riesigen Welle überrascht. Mein Handy wurde zusammen mit meinen Schuhen weggespült. Die Schuhe konnte ich retten, mein Handy spinnt seitdem leider und lässt sich nicht mehr laden. Danach wurde ich auch noch fast von einem Jungen ausgeraubt, der zuerst an meinen Rucksack wollte und dann den Rucksack von zwei Amerikanern ging (die ihm auch leider noch Geld gaben nach dem misslungene Klauversuch, oh man!).

Da wir uns von den Aktionen erstmal erholen wollten, buchten wir uns für zwei Tage in ein Hotel mit Pool ein und liessen mal ein bisschen die Seele baumeln. Felix ging dort noch zweimal an den Strand, aber auch er liess das Surfen sein.

Nicaragua ist landschaftlich wirklich traumhaft und es hat mich auch sehr beeindruckt! Aber seit Managua sind die Einheimischen wahnsinnig mühsam und anstrengend. Vielleicht würde uns das nicht stören, wenn wir am Anfang unserer Reise wären. Aber wir sind im 11. Reisemonat und Nicaragua lässt den Gedanken aufkommen „es reicht mit dem Reisen“. Wir hoffen auf Besserung.

verfasst am 22.Mai 2023 in Isla Ometepe

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