Von Istanbul aus sind wir mit der Fähre nach Bandirma gefahren. Dort hat uns schon unser Couchsurfing Host Demirhan herzlich empfangen. Er ist selbst Backpacker und hat den letzten Monat durchweg Couchsurfing in Südostasien gemacht. Sein Wunsch ist es, die Gastfreundlichkeit, die er erfahren hat, nun an andere Traveller weiterzugeben. Und so viel vorweg gesagt: es war der Wahnsinn!
Wir haben nicht bei Demirhan zu Hause geschlafen, sondern bei seiner Schwester Neslihan, deren Mann Orkan und Sohn Daghan. Als wir ankamen, wurden wir bereits mit türkischem Tee und Essen empfangen. Danach sind wir zum Kickbox Training von Daghan, der Weltmeister in seiner Altersklasse ist. Wir durften der Gruppe beim Training zuschauen. Sie haben in einer kleinen und stickigen Halle trainiert. Anstelle, dass die Sportmachenden eine Klimaanlage gestellt bekommen, kam der Trainer sofort zu uns und stelle vor uns die Klimaanlage. Uns war das unangenehm, da wir ja nur herumsassen. Aber für den Trainer war es eine Selbstverständlichkeit.
Danach haben wir mit Demirhan noch Bandirma erkundet. Dort weht immer ein ganz schön starker Wind, was zwischenzeitlich echt ein wenig kalt war. Dennoch wollte Felix ein Eis essen und Demirhan lud ihn ein. Danach hatte Felix Hunger und Demirhan ging mit uns zu einem Ciköfte Stand und holte eine riesige Portion. Dem war nicht genug, wir sind danach noch zum Baklava Laden gegangen und haben Baklava eingekauft. Also sasssen wir dann nachts um 1 Uhr bei der Familie und haben Cigköfte und Baklava gegessen und natürlich Cay (türksichen Tee) dazu getrunken. Perfekt!
Als wir dann im Bett lagen, war ich hellwach. Das bin ich nie auf Reisen, da falle ich immer totmüde abends im Bett. Hier war es anders… Und ich fragte mich wieso? Da fiel mir ein: dieser Cay ist Schwarztee und ich habe 4 Gläser getrunken. Na super! Also bin ich erst nach dem ersten Imam Ruf um 5 Uhr eingeschlafen…
… und um 10 Uhr wieder aufgewacht, weil wir die Halbinsel erkunden wollten. Neslihan hatte bereits sehr leckeres Frühstück vorbereitet, welches wir dann an einem Picknick Ort an der Küste gegessen haben. Danach haben wir den Tag am Strand verbracht. Das Meer war dort traumhaft schön, aber auch hier war der Wind unser stetiger Begleiter.
Abends wollten Felix und ich dann unseren Hosts mal etwas zurückgeben, da wir bis dahin keinen Cent bezahlt hatten. Also bereiteten wir Spätzle mit Apfelmus zu. Eine rieeeesige Arbeit, die uns viele Nerven kostete. Das wurde aber entlohnt, als wir festgestellt haben, dass es allen schmeckte. Zu Besuch war auch noch Demirhans bester Freund Serkan, der sich ebenfalls über unser Essen freute.
Türkische Zeremonie
Am nächsten Tag wurden wir zum Brunch eingeladen. Es war nicht nur sehr lecker, sondern wir hatten auch einen tollen Ausblick vom Restaurant. Felix lernte hier wie man professionell Cay zubereitet.
Danach sind wir zuerst zu Demirhans zweiter Schwester gefahren und dann zu seinen Eltern. Auch hier wurde uns immer etwas zu essen und zu trinken angeboten. Sooo freundlich! Und das obwohl die Familienmitglieder kein Englisch gesprochen haben. Aber ein Lächeln reicht ja vollkommen aus 🙂 Als Dank habe ich noch einen Streuselkuchen mit Pflaumen gebacken. Den konnten wir erst nachts essen, weil wir nämlich mit Demirhan zu einer türkischen Zeremonie gefahren sind. Sein Arbeitskollege hatte eingeladen, weil sein Sohn beschnitten worden ist. Das ist wohl eine der drei grössten Feiern eines Muslems. Felix und ich waren ganz gespannt…
Wir sind 45 Minuten dorthin gefahren, da es auf dem Land war. Auf dem Weg dorthin haben wir am Tomatenfeld gehalten und haben ein paar geerntet. Das Feld war total matschig, weshalb wir uns unsere Schuhe ganz schön versaut haben… Auf der Feier angekommen durften wir erstmal etwas essen. Das Essen findet traditionell bei der Familie zu Hause statt. Dann ging es zur eigentlichen Feier welche draussen stattgefunden hat. Laut dem Gastgeber waren wohl 1.000 Leute dort. Es war der Hammer! Alle waren sooo schick und haben sich zurecht gemacht! Und Felix und ich sassen mittendrin in Sportkleidung und matschigen Schuhen… Backpacker halt 🙂 Die Musik war wahnsinnig laut, sowas lautes haben wir noch nie gehört. Dann ging die Zeremonie los und es wurde sehr viel getanzt.
Tanzen bis zum Tinnitus
Als Erstes hat Felix mit mit getanzt. Klassischer Standard Paartanz. Danach haben alle Männer, Frauen und Kinder im Kreis auf türkische Art getanzt. Als das beendet war, haben die Männer die Tanzfläche verlassen und die Frauen haben weitergetanzt. Auch ich war an der Reihe und habe gezeigt bekommen, wie man türkisch tanzt. Das war super und hat echt Spass gemacht.
Felix hingegen war mit Demirhan unterwegs. Meistens war er weit weg und hat sich umgesehen. Dann hat er einen Raki und Bier getrunken. Ich habe später auch eine Raki getrunken und Melone dazu gegessen. Die Melone „Kapun“ ist nämlich typisch für die Region. Der Gastgeber hatte uns auch 10 Kapuns geschenkt, die wir nur leider nicht mit unserem Backpack mitnehmen können… Nach 2 Stunden haben wir dann die Zeremonie verlassen. Einfach unglaublich was wir erlebt haben. Wir kennen die Personen gar nicht und durften bei ihrer grossen Feier dabei sein. Welch eine Ehre und Gastfreundschaft!
Als wir nach Hause gefahren sind haben wir uns mehrfach bedankt. Wir waren aber auch müde von den vielen Eindrücken und unsere Ohren waren total belegt von der lauten Musik. Aber morgen wird es wieder gut sein….
… War es aber nicht… Ich wachte auf mit belegten Ohren, Rauschen und Tinnitus. Felix hatte nichts, was aber auch nicht sonderlich verwunderlich war, da ich diejenige war, die die meiste Zeit neben der Box getanzt habe. Ich dachte zu dem Zeitpunkt, dass es im Laufe des Tages verschwindet…
… tat es aber nicht. Das war leider erst der Anfang der Misere.
Die historische Stadt Selcuk
Wir sind dennoch mit dem Bus weiter nach Selcuk gefahren, wo wir uns eine tolle Unterkunft gebucht hatten. An diesem Tag haben wir nicht mehr viel gemacht. Wir sind durch die Altstadt kurz geschlendert, haben etwas gegessen und den Sonnenuntergang auf unserem Balkon angeschaut.
Wir gingen früh schlafen…
… und ich wachte am nächsten Morgen immer noch mit Ohrenproblemen auf. Also ging ich diesmal in Hospital. Die Behandlung kostete 25 Euro. Und siehe da: eine Ohrinfektion. Ich muss Antibiotika und Ohrentropfen nehmen. Hasse ich ja, aber was solls. Da es mir aber sonst körperlich sehr gut ging, sind wir weiter gereist.
Zunächst sind wir nach Sirince gehitchhiked. Das lief auch problemlos, da wir relativ zeitnah mitgenommen wurden. Sirince selbst ist eine einzige Touristenhochburg. Hier fahren richtig viele grosse Touristenbusse hin und die Stadt ist darauf ausgelegt so viel wie möglich zu verkaufen: Souveniers, Essen, Trinken, usw. Wir sind einmal kurz durchgeschlendert, was sich trotzdem gelohnt hat, da die Häuser sehr schön aussehen.
Von Sirince aus wollten wir zurück nach Selcuk hitchhiken und dann weiter nach Ephessus. Diesmal hatten wir richtig Glück und haben direkt ein Auto gefunden, welches uns bis nach Ephessus gebracht hat. Ephessus ist eine alte römische Stadt. Der Eintritt kostet 10 Euro und es gibt keinerlei Schatten. Für mich war das nicht sooo beeindruckend, Felix hingegen fand das sehr spannend. Ich vermute die historischen Gene seines Vaters haben sich da doch durchgesetzt.
Was mir deutlich besser gefallen hat, war der schöne Spaziergang zurück nach Selcuk. Wir sind zwischen Oliven- und Pfirsischbäumen hindurchgelaufen. Das war richtig schön! Abends haben wir uns nochmal den Sonnenuntergang angesehen. Selcuk ist echt ein nettes Örtchen gewesen!
Gastfreundschaft in Denizli
Danach waren wir für zwei Tage in Denizli.Diesmal sind wir aber mit dem Bus gefahren, was etwas komfortabler als Hitchhiken war. Für Denizili hatten wir uns wieder einen Couchsurfing Host herausgesucht. Er heisst Murat und hat uns diesmal eine ganze Wohnung zur Verfügung gestellt, wow! Er vermietet sie eigentlich an Studenten, aber gerade sind Semesterferien, weshalb sie frei ist. Die Wohnung war eine Kellerwohnung und naja… Ich beschreibe sie mal so: Die Wohnung lebte und sie war dreckig. Aber hey, dafür kostenlos! Wir sind früh schlafen gegangen, da wir am nächsten Tag um 5 Uhr aufgestanden sind. Unser Ziel: Pamukkale. Wir sind mit dem Taxi hingefahren und zurück gehitchhiked.
Pamukkale besteht aus Hieropolis, einer alten römischen Stadt, und den Kalkterassen. Die Kalkterassen sind extrem beliebt und wir hatten überall gelesen, dass wir schon püntklich bei der Eröffnung um 6:30 Uhr da sein sollten. Waren wir auch und wir haben den Sonnenaufgang dort sehr genossen. Traumhaft! Leider haben wir den Eingang zu den Terassen erstmal nicht gefunden. Als wir ihn dann um 7Uhr gefunden hatten, waren bereits schon sehr viele Leute dort. Ganz ehrlich, diese ganzen Blogger, die behaupten, es müsse 6:30Uhr sein… QUATSCH! Wenn du den Sonnenaufgang sehen willst, dann ja. Ansonsten ist es egal, weil zwischen 6:30-10:00 Uhr ungefähr gleich viele Touristen da sind. Da kannst du also auch ausschlafen 😉 Abends zum Sonnenuntergang sollen übrigens noch weniger Touristen da sein, laut dem Host.
Aber es hat sich gelohnt. Sie sehen echt cool aus und sind schon ein wahres Phänomen. Denn mitten im Gebirge sind auf einmal Kalkterassen, das ist ja wohl schon etwas Besonderes oder? Was auch interessant ist: geht man 2 Minuten weiter weg von den Kalkterassen, ist es ruhig und man kann die Kalklandschaft geniesen. Denn die meisten Touristen bleiben vorne beim Trubel oder gehen zum Kleopatra Pool. Da waren wir auch, aber es kostet, wenn man schwimmen will.
Danach sind wir zurück nach Denizli und haben uns ausgeruht. Felix ist nun gesundheitlich angeschlagen und ich habe Bauchschmerzen… Aber abends haben wir uns beide aufgerappelt und sind nochmal zu unserem Host. Er hatte uns zu sich nach Hause eingeladen, da seine Frau gekocht hatte. Danach sind wir noch mit seinen Kindern Tischkicker spielen und nochmal eine Pizza essen gegangen. Auch Murat war sehr bemüht und hat uns sehr viele Tipps über die Türkei gegeben. Welch eine türkische Gastfreundlichkeit wieder einmal! Ein kleiner Nachteil war, dass die Gespräche ansonsten sehr anstrengend waren… Er liebt Caravans und Autos und spricht durchweg davon… Ist leider gar nicht unsere Welt, aber für einen Abend geht das schonmal.
Leider ist der Abend dann etwas doof geendet. In Denizli ist wohl gerade ein ausländischer Straftäter aus dem Gefängnis entflohen und die Polizei hat alle Bürger kontrolliert. Wir hatten leider unsere Pässe nicht dabei. Nach einem etwas sehr temperamentvollen Disput zwischen unserem Host und der Polizei konnte aber alles friedlich geklärt werden. Zum Glück, denn es ist schon unangenehm, wenn auf einmal 15 Polizisten um einen herum stehen und dich böse anschauen.
Wir verlassen auch Denizli schon wieder, denn wir wollen an die Küste und uns entspannen.
verfasst am 15. August 2022 in Kalkan/Kas