Mit unserem Lada Niva, den wir übrigens liebevoll «Ladi» getauft haben, ging es los zu einem viertägigen Roadtrip. Yes! Weder Felix noch ich sind zuvor mit einem 4×4 gefahren, aber wir hatten Lust es mal auszuprobieren. Ich durfte natürlich als Erste ans Steuer, was nicht so leicht war, denn Almaty ist eine Millionenstadt mit viel Verkehr. Zum Glück fahren die Kasachen nicht so wild wie die Georgier oder die Serben.
Einige Schreie sind mir dennoch entwichen, da ich mich erstmal an die alte Schaltung gewöhnen musste. Klimaanlage gab es natürlich nicht, das Radio funktionierte nicht und den Rest mussten wir anhand von Knöpfen bedienen. Sehr interessante Erfahrung.
Mit Hilfe von 3 verschiedenen Navigationsapp fuhren wir also los in Richtung Altyn Emel, der erste Nationalpark auf der Liste. Schnell mussten wir feststellen, dass keiner der Apps mit der Zeitberechnung richtig lag. Wir fuhren zwar Autobahn, aber wir brauchten deutlich mehr Zeit als die Apps uns angegeben haben. Aus 3,5 Stunden wurden somit knapp 6 Stunden Fahrzeit! Zweimal hielten wir auch kurz. Einmal am See in Qapschaghai um Burger zu essen und einmal um auf Toilette zu gehen.
In Saryozek teilte sich dann die Strasse. Die Landstrasse zum Nationalpark war für uns schon sehr spannend. Zu Beginn war sie noch asphaltiert, dann irgendwann nicht mehr. Grosse und kleine Schlaglöcher wechselten sich ab und es wurde zunehmend kurviger, da wir schon durch die ersten Berge hindurchgefahren sind.
Die Landschaft war traumhaft. Wir sahen einige Schäfer ihre Tiere auf der Weide eintreiben.
Unser Ziel war das Ort «Basshi», dass direkt am Eingang des Nationalparkes liegt. Wir konnten vorab kein Gasthaus buchen, weshalb wir eigentlich im Hellen noch im Dorf ankommen wollten um die Gasthäuser abzuklappern. Das haben wir leider nicht geschafft. Es war dunkel als wir ankamen, das Ort schlecht beleuchtet und wir sahen keine Schilder, die auf irgendwelche Unterkünfte hingewiesen hätten. Internet Empfang hatten wir trotz kasachischer Simkarte auch keinen… Ich sah uns kurzzeitig schon im Auto übernachten… Aber dann fragten wir einen älteren Herren und er zeigte uns den Weg in ein Gasthaus. Dort wurden wir freundlich empfangen und sie boten uns ein Zimmer und Essen an. Ich muss dazu sagen, keiner hat Englisch gesprochen, wir haben das alles mit Gestiken klären müssen.
Das Abendessen war lecker und reichhaltig. In der Nacht habe ich aber sehr schlecht geschlafen. Das Bett war sehr hart und das Licht ging nicht auszuschalten. Irgendwann hörte ich dann noch Geräusche. Zuerst wusste ich nicht was das war… Ich fand es aber noch heraus: es waren Wanzen, die in den Wänden gelaufen sind…
Altyn Emel
Am nächsten Tag sind wir um 9Uhr zum Nationalpark Büro gegangen und haben uns Tickets für Altyn Emel gekauft. Es gibt drei Routen im Park und wir hatten und für heute zwei vorgenommen…
… was natürlich unrealistisch war, denn wir hatten die Distanzen wiedermal falsch eingeschätzt. Wir haben an diesem Tag eine Route geschafft. Wir sind zu den Aktau Bergen gefahren. Auf dem Weg dorthin kamen wir an einer 800 Jahre alten Weide vorbei und an einer Schranke. Dort lebt ein älteres Paar, was die Schranke per Hand bedient.
Die ganze Fahrt war für mich spektakulär, da ich noch nie durch eine Steppe gefahren bin. Und ich bin auch noch nie so schlechte Strassen selbst gefahren. Das war eine richtige Safari für uns! Obwohl wir leider keine Gazellen gesehen haben.
Nach 3 Stunde Fahrt kamen wir an den Aktau Bergen an und waren total überwältigt. Sie sehen sooo wunderschön aus, das ist schwer per Foto einzufangen.
Dort trafen wir zum ersten Mal auf andere Touristen. Genauer gesagt eine Touristengruppe aus Österreich. Ihr Guide sagte uns, wir könnten eine Wanderung hier unternehmen, was wir auch taten. Extrem heiss war es, aber auch extrem schön:
Auf dem Parkplatz lernten wir noch ein israelisches Paar kennen, die wir auch abends in der Unterkunft nochmal wiedergesehen haben. Auf dem Rückweg sind wir noch an den Katutau Bergen vorbeigekommen. Eine etwas andere Vegetation.
Als wir losfahren wollten, haben wir gesehen, dass ein Autoreifen Luft verloren hat. Wir wurden etwas nervös, da wir hier keine Panne haben wollten und auch nicht wussten wir wir einen Reifen wechseln können. Also hofften wir, dass der Reifen die Heimfahrt gut mitmacht. Was er zum Glück auch tat, er hat alle 4 Tage gut mitgemacht!
Auf dem Heimweg sind wir nochmal im Nationalpark Büro vorbeigefahren um ein Ticket für den nächsten Tag zu kaufen. Wir mussten eine halbe Stunde warten bis der Ticketverkäufer endlich kam. Dann schrieb er unser bereits gekauftes Ticket um und grinste uns zu. Eigentlich hätten wir es bezahlen müssen, er aber hat es uns geschenkt. Sehr nett! Am Abend schliefen wir dann in einer anderen Unterkunft, die an einer Schranke des Nationalparks gelegen war. Die Unterkunft war leider noch ärmlicher als die letzte Unterkunft und mich ekelte es teilweise.
Felix hingegen freundete sich mit dem Haushund an. Wir genossen den Sonnenuntergang und schauten uns die Sterne nachts an.
Singende Düne
Am nächsten Tag ging es frühmorgens los zur Sanddüne. Diese erreichten wir innerhalb von 1 Stunde, da die Fahrbahn ein bisschen besser war. Mit uns zusammen kam auch eine weitere Reisegruppe dort an. Ich bestieg nur die Hälfte der Düne, Felix hingegen ging bis ganz nach oben. Er lernte dabei die Reisegruppe kennen, die aus Indien stammte. Felix und ich gingen dann noch eine kleine Runde um die Düne herum. Felix liess die Düne auch singen, denn wenn man sich mit dem Po hineinfallen lässt, macht sie «Pupsgeräusche».
Dreckig, aber glücklich verliessen wir den Park an diesem Tag. Durch die Aktau Berge waren unsere Sachen übersäht mit rotem Staub, durch die Düne kam auch noch Sand hinzu. Erinnert mich sehr an das Outback.
Safari ala Kazakh
Als wir den Nationalpark verliessen, wussten wir noch nicht so ganz wohin wir fahren sollten. Die nächste Sehenswürdigkeit war zu weit entfernt, also mussten wir uns dazwischen eine Unterkunft suchen. Wir fuhren deshalb vom Nationalpark nach Scharkent, eine etwas grössere Stadt. Die Fahrt dahin war eigentlich mehr eine Safari. Wir sahen:
Esel, Schafe, Kühe und KAMELE! Die wilden Kamele waren definitiv mein Highlight, das hatte ich noch nie gesehen!
In Scharkent gingen wir Burger essen und fuhren dann direkt weiter Richtung Charyn Nationalpark. In Scharkent hatten wir Internetempfang und hatten uns deshalb schon einige Unterkünfte markiert. Leider gab es unsere Favouriten nicht mehr bzw. waren sie schon geschlossen. Wir landeten deshalb notgedrungen in Shonzy in einem kleinen Hotel mit dreckigen Toiletten. Ich war alles andere als begeistert, aber für eine Nacht ging es schon. Es ist schon krass, sobald man aus Almaty raus ist, wird es viel ärmlicher und die Unterkünfte haben ein ganz niedriges Niveau.
Charyn Canyon
Auch in Shonzy sind wir früh aufgestanden um zum Charyn Nationalpark zu fahren. Unsere Stimmung war etwas gedrückt, da wir nach den zwei Tagen Roadtrip müde waren und nicht wussten, ob es die richtige Entscheidung war, jetzt noch zu einem Canyon zu fahren. Die Alternative wäre nämlich ein Bergsee gewesen. Aber Felix meinte, davon würden wir noch genug in Kirgisistan sehen.
Also auf zum Charyn Canyon!
Gute Entscheidung, denn der Canyon war schon sehr cool. Wir sind zuerst den unteren Weg gelaufen, also durch den Canyon hindurch, bis wir zum Fluss kamen. Wunderschön, mitten im Canyon so einen Fluss zu sehen.
Danach sind wir noch den oberen Weg entlang gelaufen und wurden mit tollen Ausblicke belohnt.
Als wir zum Auto laufen wollten, stand auf einmal die indische Reisegruppe wieder vor uns. Sie und wir freuten uns sehr über das Wiedersehen. Sie erzählten uns, dass es nun der letzte Tag in Kasachstan sei, danach ginge es nach Kirgisistan. Vielleicht sehe man sich ja nochmal dort!?
Wir verabschiedeten uns und fuhren Richtung Almaty los. Wir wollten noch nicht in die Stadt reinfahren, sondern in einem Vorort in den Bergen übernachten. Auch hier gaben unsere Navi Apps total falsche Zeiten durch und wir kamen viel später an als gedacht. Wir hatten zwar eine Pause an einer Raststätte gemacht und Felix hat sich einmal verfahren, dennoch kamen wir viel zu spät in den Bergen an. Es wurde bereits wieder dunkel!
Wir hatten uns aber einige Unterkünfte herausgesucht, die wir abgefahren sind. Alle Unterkünfte waren jedoch geschlossen. Wir fuhren zu einem Hotel, was von aussen schön aussah und offen war. Als wir dort waren, erfuhren wir aber, dass es eine Reha Klinik sei. Oh man! Genervt suchten wir online nach weiteren Unterkünften. Letzendlich fanden wir eines in Talgar. Das Hotel war okay, aber es gab einen Hund im Nachbarhaus, der die ganze Nacht wimmerte. Nicht schön, aber wir konnten ihm leider nicht helfen (wir haben es probiert).
Ein letztes Mal in Almaty
Am nächsten Tag ging es dann zurück nach Almaty. Hier haben wir den letzten Tag in Kasachstan verbracht, waren gut essen und haben uns ausgeruht. Auch haben wir das Auto abgegeben. Aber natürlich durfte ein Abschiedsfoto nicht fehlen:
Unser Ladi hat alles gut mitgemacht und wir hatten wirklich sehr sehr viel Spass mit ihm! Der ganze Roadtrip hat mich total begeistert. Ich hätte niemals erwartet, dass Kasachstan so schön ist und es solche unendlichen Weiten hat. Bisher war das definitiv eines meiner Highlights auf dieser Reise. Kann ich sehr empfehlen!
Aber das Land ist arm. Wir haben uns wirklich darauf eingelassen und waren so wie die Einheimischen unterwegs. Das war auch eine krasse Erfahrung, da wir doch in Deutschland schon viel Luxus gewöhnt sind.
verfasst am 1.Oktober 2022 in Cholpan Ata
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