Nachdem wir Mumbai besucht hatten, machten wir uns auf den Weg nach Goa. Eigentlichhätte die Zugfahrt 10 Stunden dauern sollen, aber wir hatten Verspätung und kamen erst nach 13 Stunden an. In Indien gibt es verschiedene Kategorien und wir hatten diesmal die zweitgünstigste gewählt: die Sleeperclass. In einem Abteil sind hier 8 Leute untergebracht und es gibt keine Klimaanlage. Zu Beginn war das ziemlich unangenehm, weil in unserem Abteil eine Grossfamilie sass und wir kaum Platz hatten. Als wir jedoch 2 Stunden Zug gefahren sind, leerte sich der Zug sehr und wir konnten das Abteil wechseln. Somit hatten Felix und ich einen eigenen Sitzplatz am Fenster und konnten uns ausstrecken.
Während Bus-oder Zugfahrten höre ich eigentlich immer gerne Podcasts, das war aber diesmal nicht möglich. Es war zu laut im Zug! Das lag zum einen an der Zugluft (offene Fenster), zum anderen aber auch an den Personen und hier insbesondere an den Verkäufern. Ständig lief jemand vorbei und fragte «Chai? Samosa?». Auch Bettler liefen durch unseren Waggon. Eine Dame war ziemlich krass. Sie stellte sich vor Felix und klatsche. Felix schüttelte den Kopf. Dann berührte sie Felix am Arm und am Kopf, woraufhin Felix wieder verneinte. Das machte die Bettlerin wütend und sie zwickte Felix ins Bein. Frech, richtig frech! Das fand Felix auch und schubste sie kraftvoll zur Seite.
Kleine, grüne Oase
In Pernem angekommen nahmen wir uns ein TukTuk zu unserer Unterkunft in Morjim. Sie lag mitten im unbeleuchteten Palmenwald, weshalb wir etwas Probleme hatten sie zu finden und deshalb mitten durch die Wiese gelaufen sind. Erst am nächsten Morgen haben wir die volle Pracht der Unterkunft sehen können und waren total begeistert:
Die nächsten zwei Tage erkundeten wir die Strände rund um Morjim, assen sehr lecker und schauten uns die Sonnenuntergänge an. Das Meer ist ideal für Kinder und Nichtschwimmer, weil der Strand sehr lange flach ist. Ein bisschen Wellen hat es aber auch gehabt. Viele Leute haben wir am Strand in Morjim nicht getroffen. Im Wasser wurde Felix von Bangladeshis angesprochen und ich von einer indischen Männergruppe. Leider war das ein sehr unangenehmer Kontakt, weil die Männergruppe mich umzingelte und distanzlos war. Ich forderte sie dann auf, mich alleine zu lassen. Was sie natürlich nicht taten… Da ich aber im Gegensatz zu ihnen schwimmen und tauchen kann, bin ich zum tiefen Wasser gegangen und darüber weggeschwommen.
Am dritten Tag trennten Felix und ich uns dann. Aber nur räumlich 😉 Ich ging ins Yoga Ashram und Felix erkundete auf eigene Faust Nordgoa.
Das Leben im Ashram
Die nächsten 7 Tage habe ich im Preksha Ashram verbracht, welches 10 Minuten vom Strand entfernt liegt und einen wunderschönen Garten hat:
Der Tagesablauf war ziemlich strukturiert und bestand aus 4 Stunden Yoga, 1 Stunde Meditation und mehreren ayurvedischen Anwendungen. Ich hatte mir Ganzkörper Massagen herausgesucht und zwei Detox Programm: einmal zur Entgiftung der Verdauungsorgane (Basti) und einmal zur Schleimlösung in den oberen Atemwegen (Nasya). Ich dachte zuerst, dass das Basti unangenehm wird. Aber das war es nicht, es war easy und tat sehr gut. Aber Nasya war heftig für mich. Man bekommt zuerst eine Gesichtsmassage, dann Öl in die Nase, danach raucht man Kräuter und zuletzt gurgelt man mit warmen Wasser. Soweit so gut, dann geht es aber richtig los… Man erbricht Schleim. In meinem Fall 3 Becher voller Schleim, abartig! Herzlichen Dank an alle Viren, Bakterien und den Smog der letzten Wochen…
Eine halbe Stunde leidet man so vor sich hin, aber danach fühlt man sich deutlich besser. Glücklicherweise war meine Ayurveda Masseurin sehr liebevoll und hat mich gut dabei betreut.
Da ich die letzten 5 Monate keinerlei Yoga gemacht hatte, war ich gespannt wie es für meinen Körper sein wird. Und siehe da, einmal gut eingeübt, verlernt der Körper es nicht so schnell. Er erwies sich als kraftvoll und ich hatte wahnsinnigen Spass an den Yogastunden. Was natürlich auch daran lag, dass der Yogalehrer Manish tolle Stunden uns zauberte. Seine Art zu unterrichten bestand darin, dass wir die Posen sehr lange halten. Das hat mir gut gefallen und werde ich auch für meine Yogapraxis übernehmen. Ich hoffe mal, dass ich es nach dem Retreat öfters mich motivieren kann.
Eine Yogastunde verbrachten wir auch frühmorgens zum Sonnenaufgang am Strand. Das klang total schön, in der Realtität war es aber etwas anders. Wir wurden belagert von Strassenhunden, die mit uns spielen wollten. Zudem hatte man durch den Sand keinen stabilen Stand. Dann doch lieber im Yoga Shala.
Ein Highlight im Retreat war auch die Küche. Unser Koch hat so dermassen lecker und gesund gekocht, ein Träumchen! Aber nicht nur er hat sich grosse Mühe gegeben, auch die anderen Mitarbeiter hatten stets ein Lächeln auf den Lippen und der Inhaber Sid war immer zu einem interessanten Gespräch bereit.
Am ersten Abend bekam ich auch direkt Besuch in mein Zimmer: Herbie und Hurry! Beide waren kleine Geckos, aber sehr unterschiedlich in ihrem Verhalten. Während Herbie nur ruhig in der Ecke sass und mich beim Duschen etc beobachtete, flippte Hurry hingegen richtig aus. Er konnte nicht richtig laufen und ist ständig von den Wänden gefallen, was ihn panisch machte. Hurry mochte ich deshalb nicht so, aber Herbie war ein gern gesehener Gast. Und er kam auch jeden Abend zu Besuch;)
Die Menschen machen jede Reise zu etwas Besonderem
Die Begegnungen mit Menschen sind genau das, was für mich jede Reise zu etwas Besonderem werden lässt. Zum einen lerne ich meinen Reisepartner intensiver und besser kennen, wodurch die engsten Bindungen überhaupt entstehen. Zum anderen lerne ich wundervolle Persönlichkeiten auf meinen Reisen kennen.
Und wenn es einen Ort gibt, an denen sich tolle Menschen versammeln, dann ist es natürlich ein Yoga Ashram! Ich hatte hier so wunderbare Begegnungen und wertvolle Gespräche. Natürlich einte uns alle das Interesse für Yoga, aber das war es nicht nur, was die anderen so Besonders machte. Es waren ihre Lebensgeschichten und ihre Art zu leben. Das begeistert mich an Langzeitreisenden nämlich immer am meisten. Und ich muss auch immer wieder feststellen, dass es das ist, was ich nach meinen Reisen in Deutschland am meisten vermisse…
Abschied von Indien
Nach 4 Wochen Indien hiess es dann Abschied nehmen von Indien. Zuerst sind wir von Goa nach Navi Mumbai mit dem Zug gefahren, haben in Navi Mumbai eine Nacht verbracht und sind dann in der Nacht nach Vietnam geflogen.
Navi Mumbai ist, wie der Name schon sagt, der moderne Stadtteil östlich von Mumbai. Wir hatten dort einen schönen Spaziergang zu einem See und zum Meer gemacht. Von dem Ufer ging es dann durch ein Slum weiter bis zu einem luxuriösen Einkaufscenter. Das ist in Indien schon verrückt, da ist man binnen 10 Minuten von der Armut des Slums in der Luxuswelt der Reichen!
Auf der Fahrt zum Flughafen gab dann Indien nochmal Vollgas. Der günstigste Weg war mit dem Zug von Navi Mumbai nach Kurla zu fahren und von dort das Taxi zu nehmen. Was wir nicht wussten: Kurla ist ein sehr chaotisches Stadtviertel und wirkte auf uns wie ein Slum (ich weiss nicht, ob es offiziell eines ist). Wir hatten Mühe ein Tuk Tuk zu finden, welches uns nicht abzockt.
Als wir endlich einen Fahrer mit fairem Preis hatten, fragte Felix dreimal nach, ob er Rückgeld habe. Er bejahte und fuhr los. Er sah wohl die Strasse als eine Rennbahn an und wir hatten kurzzeitig etwas Sorge, dass wir unseren Flug auf Grund eines Unfalles verpassen. Dem war zum Glück nicht so, aber er hat den Rang des schlechtesten Tuktuk Fahrers bei uns. Als wir ankamen, versuchte er die Masche, dass er kein Rückgeld für uns habe. Wir waren darauf vorbereitet und gingen direkt in die Diskussion. Zwei weitere Inder beteiligten sich ebenfalls daran. Letzendlich gewannen wir und verabschiedeten uns extrem genervt von dem Typen. Somit bestand unser letzter Tag in Mumbai aus Scam&Slum. Merci!
verfasst am 02. Dezember 2022 in Saigon