Unser nächstes Reiseland war Kirgisistan, besser bekannt auch als die „Schweiz von Zentralasien“. Es gibt zwei Grenzübergänge: einmal den Entspannten von Almaty nach Bischkek und dann den abenteuerlichen von Kegen nach Karakol in der Wildnis.
Wir haben den zweiten Weg, den abenteuerlichen, gewählt. Zuerst haben wir uns ein „shared Taxi“ in Almaty gesucht. Das ist so witzig, denn die Einheimischen nehmen so viele Leute mit und merken dann erst, dass sie eigentlich keinen Platz mehr für das Gepäck haben.
So auch in unserem Fall. Letzendlich wurde alles hineingeschoben, ohne Sicherung und los ging die Fahrt.
Der Taxifahrer fuhr uns zur Grenze und zu Fuss liefen wir darüber. Die Beamten waren total entspannt und sehr freundlich. Ich denke, das liegt zum einen daran, dass es kaum Arbeit gibt, zum anderen kann man als kirgisischer Grenzbeamter sehr zufrieden sein, wenn man in Kegen an der Grenze ist, da im Süden des Landes Krieg herrscht (zumindest zu diesem Zeitpunkt).
Falls du dich fragst, wieso ich den Weg als abenteuerlich betitel, kommt hier die Lösung: Auf der kirgisischen Seite gibt es keine Taxis oder Busse, die einen nach Karakol bringen. Die einzige Möglichkeit ist per Hitchhike dorthin zu kommen. Es überqueren täglich nur eine Handvoll Autos die Grenze, von daher benötigt man vieeeel Glück um es nach Karakol zu schaffen. Und Glück hatten wir! Denn die indische Reisegruppe (siehe Blogeintrag: Kazakh Style) ist wohl einen Tag länger in Kasachstan geblieben und passierte mit vier Jeeps die Grenze! Sie freuten sich riesig uns zu sehen und nahmen uns auch selbstverständlich mit. Unsere Freude war ebenfalls riesig, da wir somit einfach nach Karakol gekommen sind. Wir hatten super Gespräch mit den Indern und es war eine tolle Fahrt.
Planlosigkeit
In Karakol angekommen sind wir zuerst in unser Hostel. Wir wollten dort etwas Kontakt zu den anderen Reisenden aufbauen um zu hören, welche Wanderungen sie in Kirgisistan unternommen haben. Ehrlich gesagt, war das ein wildes Durcheinander. Die einen meinten, man könne zum Ala Kol wandern und das Karakol Valley sei geschlossen, die anderen sagten, man könne nicht zum Ala Kol wandern aber das Karakol Valley sei auf. Ob die Yurten noch auf sind, wusste aber irgendwie niemand. Wir waren nach den Gesprächen so schlau wie vorher.
Es ist nämlich so, dass Ende September die Saison vorbei ist. Es werden also keine Touren mehr in die Wildnis von Kirgisistan angeboten und die Yurts schliessen nach und nach. Da in den Bergen schon Schnee liegen kann, sind viele Wanderungen nicht mehr möglich. Das wussten wir alles schon im Vorhinein, hatten aber gehofft, dass wir dennoch eine mehrtägige Wanderung finden und in einem Yurt schlafen können. Wir entschieden uns deshalb erstmal Karakol zu verlassen und nach „Jyrgalan“ zu fahren, da dies dort möglich sein soll.
Wir fuhren natürlich nicht ab, ohne uns vorher Karakol angesehen zu haben:
Das freundliche Dorf Jyrgalan in Kirgisistan
Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Minibus nach Jygralan. Jyrgalan liegt nordöstlich von Karakol, mitten in der Wildnis. Pünktlich um 8:30 Uhr sind wir am Bazaar losgefahren. Zunächst sassen nur Felix und ich im Bus, dann hielt er aber wieder an vielen Haltestellen, sodass letzendlich der Minibus noch voll wurde. Mich nervt das so sehr… Man kommt einfach nicht schnell vom Fleck, weil ständig der Bus anhält und jemand ein-oder aussteigt. Die Fahrt nach Jyrgalan dauerte 1,5 Stunden. Dort angekommen sind wir direkt in unsere Unterkunft, die zu „Destination Jyrgalan“ gehörte. Unser Zimmer war noch nicht fertig, wir durften aber das Gepäck dort lassen und konnten somit direkt zu einer Wanderung aufbrechen. Uns wurde der Hausberg zusammen mit einem See empfohlen.
Zuerst sind wir durch das Dorf gelaufen und dann weiter auf eine Weide. Uns wurde gesagt, dass der Weg gut sichtbar sei. Ich denke wir sind 10 Minuten dem Weg gefolgt und dann haben wir ihn verloren bzw. war er einfach nicht sichtbar. Schau selbst, siehst du etwa hier einen gut markierten Weg?
Egal, querfeldein ging es also bis nach oben auf die Spitze. Es war schon anstrengend, da es kontinuerlich bergauf ging und man natürlich die Höhenmeter merkte. Jyrgalan liegt auf 2.200m und der Hausberg auf 3.000m. Der Ausblick hat sich gelohnt. Wir hatten strahlenden Sonnenschein und konnten bis nach Kasachstan und China sehen. Nur leider haben wir die 7000er vom Tian Shian Gebirge in Kirgisistan nicht wirklich sehen können.
Danach sind wir abgestiegen zum See. Es gab zwei verschiedene Wege um dorthin zu kommen. Der eine war leider zu schwierig für mich, da zu rutschig und zu steil. Der andere hingegen war einfacher zu laufen, dafür aber nicht markiert. Egal! Der See selbst war umgeben von Tannenbäumen. Die Vegetation war in Kirgisistan sehr interessant. Die „Wälder“ waren nicht so wie ich sie bisher kenne. Zwischen den Bäumen ist viel Platz und das Gestrüpp fehlt.
Die Wanderung zog sich ziemlich in die Länge und nach 6,5 Stunden erreichten wir wieder das Dorf. Die Schule war schon aus, weshalb uns einige Kinder entgegen kamen. Wir wurden mit viel „hello, what’s your name“ begrüsst und Kleinkinder haben uns freundlich zugewunken. Ich spielte auch mit den Grundschulkinder eine Runde „Schere, Stein, Papier“. Aber auch ältere Menschen blieben stehen und versuchten ein Gespräch mit uns, was leider aber daran scheiterte, weil wir kein Russisch sprechen. Aber wir waren begeistert von sooo viel Freundlichkeit! Das war bisher das freundlichste Dorf unserer Reise.
Am Abend lernten wir in unserer Unterkunft noch einen Niederländer, der ebenfalls durch Kirgisistan reist, kennen, und assen mit ihm zu Abend. Danach streichelten wir noch die Hunde des Gasthauses. Es gab Ryder, ein wilder Schäferhund Welpe, dann die verschmuste Chok und der anhängliche Adolf. Adolf folgte mir auch zum Einkaufsladen um Wasser zu holen. Ich habe ihn jedoch auf „Adolfo“ umbenannt, da sein eigentlicher Name mir etwas komisch vorkam…
Durch das Tal mitten in der Wildnis
Die Gasthausinhaberin hatte uns empfohlen eine Zweitageswanderung zu einem See zu machen und auf 3.500m Höhe zu Zelten. Die Ausstattung könne sie uns geben. Wir entschieden uns leider dagegen, weil es schon sehr kalt war in Kirgisistan. Als Alternative nannte sie uns den Manas Stein und Yurt Camp Wanderung. Diese wollten wir am nächsten Tag machen und dann mit dem letzten Minibus weiter nach Karakol fahren.
Morgens frühstückten wir mit dem Niederländer, dann gingen wir jedoch getrennte Wege. Die Hundis liefen leider nicht bei uns mit… Also machten wir uns zu zweit auf dem Weg zum Manas Stein.
Danach ging es weiter durch ein Tal bis zum Yurtcamp. Der Weg ging oberhalb eines Flusses entlang, mitten durch den Wald. Mir wurde gesagt, dass es in den Wald Bären gebe, die man schon gesehen habe. Ich weiss nicht, ob sie noch dort leben, wir haben sie auf jeden Fall nicht gesehen. Stattdessen haben wir ein kleines Eichhörnchen beim Flitzen beobachtet.
Das Yurtcamp war leider schon abgebaut, was uns etwas enttäuschte. Wir machten dennoch eine kleine Pause am Fluss und assen etwas. Wir wollte gerade aufbrechen, als Felix etwas hörte:
Ein Schäfer mit seinen Schäferhunden und eine Horde von Pferden. Wir blieben natürlich und schauten uns das Spektakel an.
Danach liefen wir noch etwas weiter bis wir einen grausamen Fund machten. Ich dachte zuerst es sei ein toter Bär, aber es war ein Pferdekörper… Ein paar Meter weiter lag das Skelett vom Kopf und nebendran lag eine Wodka Flasche. Das war wohl ein Abendessen. Igit, ich will gar nicht wissen wie oft wir Pferd in den letzten Wochen gegessen haben ohne es zu wissen…
Zurück liefen wir am Fluss entlang wieder ins Dorf zurück, schnappten uns unseren grossen Rucksack und fuhren mit dem Minibus nach Karakol zurück. Im Hostel angekommen stellte ich fest, dass zwei Reisende, denen ich auf instagram folge, ebenfalls in unserem Hostel sind. Wir kamen somit ins Gespräch und vereinbarten, die nächsten Tage noch eine Wanderung gemeinsam zu machen.
verfasst am 8.Oktober 2022 in Samarkand